Urlaub von der Zauberei

von d.ela

Tag 0 – Ankunftstag

Nachdem ich meinen Koffer von einem der unzähligen Gepäckbänder am Flughafen Fiumicino von Rom genommen hatte, ging ich auf die Frau zu, die ein Schild mit dem Namen unseres Reiseveranstalters in die Höhe hielt. Ich hatte diese 3-tägige Rundreise durch Rom gebucht, weil mich diese Stadt mit ihrer Geschichte unglaublich faszinierte und ich Urlaub dringend nötig hatte. Allerdings war ich nicht der Strandtyp, weshalb ich mich für diesen Städtetrip entschieden hatte.

Es sind von links nach rechts die vier Lehrer Hagrid, Snape, McGonagall und Dumbledore zu sehen. Hagrid trägt ein hellbraunes Hemd mit kurzen Ärmlen und einer dunkelbraunen Weste darüber. Außerdem eine knielange grüne Hose und einen hellbraunen Hut mit einer rosafarbenen Blume an der Krempe. Snape ist wie eh und je in sein schwarzes Hemd, Hose und Umhang gehüllt. McGongall trägt ein langes grünes Kleid und Dumbledore eine lange blaue Hose, ein gelbes Hawaiihemd mit grünen und weiß-roten Mustern darauf und einen spitzen, dunkelfarbigen Hut.
Bild von d.ela (Ravenclaw)
Am Flughafen wartete ich also auf die restlichen Mitglieder meiner Reisegruppe. Nach und nach kamen immer mehr Leute, mit denen ich mich gleich bekannt machte. Schließlich näherte sich eine Gruppe von Menschen, die schräger und skurriler nicht hätten aussehen können. Voran ging ein alter Mann mit langem weißen Bart, einem Sonnenhut und einem Hawaii-Hemd. Hinter ihm ging eine normal aussehende ältere Frau, die laufend Fotos schoss, und ein nur in schwarz gekleideter Mann mit langen schwarzen, fettigen Haaren. Dann folgte ein Mann mit kurzen Hosen, der allerdings doppelt so groß war wie alle anderen. Das war der größte Mann, den ich je gesehen hatte. Danach kam ein sehr kleiner Mann, der neben einer dicken Frau herlief. Schließlich folgten eine Frau mit großer Brille und unzähligen Tüchern um den Hals und ein alter Mann mit einem sehr komischen Laufstil. Es schien fast so, als schwebte er über den Boden. Sie schienen sich untereinander schon zu kennen, deshalb stellte ich mich vor und begrüßte sie.

~ ~ ~ Eine Woche zuvor ~ ~ ~

Die Tür zum Lehrerzimmer von Hogwarts öffnete sich. Das Gemurmel verstummte augenblicklich. Alle Gesichter der versammelten Personen drehten sich dem Schulleiter von Hogwarts, Albus Dumbledore, zu, der gerade den Raum betrat. Damit war die Lehrerversammlung zum Anfang der Sommerferien eröffnet.

„Guten Morgen, schön, dass ihr alle Zeit gefunden habt. Setzt euch doch.“
Die Lehrer von Hogwarts, die zuvor noch in Gruppen im Raum verteilt gestanden hatten, setzten sich an die lange Tafel. Am Kopfende nahm Dumbledore Platz.
„Ich habe eine Neuigkeit zu verkünden. Da nur die wenigsten von euch eine Familie haben und somit die Sommerferien meist in Hogwarts verbringen, habe ich beschlossen, einen gemeinsamen Lehrerausflug zu organisieren, um uns die großen Ferien ein bisschen zu versüßen.“
Dumbledore starrte in ungläubige Gesichter. Professor McGonagall sah ihn zweifelnd an, als hätte sie ihn nicht richtig verstanden. Professor Snape machte ein Gesicht, als hätte der Schulleiter den Verstand verloren. Nur Professor Binns schien vollauf begeistert von der Idee.
„Und damit dieser Urlaub noch lustiger wird“, fuhr Professor Dumbledore fort, „werden wir ihn auf Muggel-Art durchführen. Ohne jegliche Zauberei.“
Wer vorher wenig begeistert drein gesehen hatte, brach nun in völliges Entsetzen aus.
„Ich bin krank“, kam ein Murmeln vom hinteren Ende des Tisches.
„Alle Lehrer sind zu diesem Ausflug verpflichtet. Ich bin der Meinung, das stärkt den Zusammenhalt untereinander ungemein und ist gut für unser Kollegium.“
Dumbledore lächelte in die Runde und zwinkerte Professor Snape zu, der bei diesen Worten auf seinem Stuhl zusammengesackt war.
„Schulleiter, ich bin nicht sicher, ob das gut gehen wird. Mein Inneres Auge hat den Eindruck, dass dieser Ausflug böse enden wird“, hauchte Professor Trelawney.
„Da muss ich dir zum ersten Mal recht geben, Sybill“, sagte Professor McGonagall. „Mein Inneres Auge sieht zwar nichts, aber ich denke auch, dass das keine so gute Idee ist.“
„Macht euch mal keine Sorgen, mit ein bisschen Verkleidung werden wir in einer Großstadt sicher nicht auffallen. Außerdem gibt es dort immer so viel zu sehen und zu lernen“, antwortete Professor Dumbledore.
„Sie brauchen gar nichts weiter zu sagen, Schulleiter“, rief Professor Trelawney, „ich sehe schon, dass wir alle nach Paris fahren werden.“
„Ähm, tut mir leid, Sybill, da muss ich Sie enttäuschen, ich hatte eine Reise nach Rom geplant.“
„Nach Rom, wie schön, da wollte ich schon immer mal hin“, rief Professor Binns aus dem Lehnstuhl in der hinteren Ecke des Zimmers. Erschrockene Gesichter drehten sich nach dem Geist um. Keiner hatte den Professor zur Geschichte der Zauberei bemerkt.
„Ich glaube kaum, dass Sie mitfahren werden“, schnarrte Professor Snape. „Professor Dumbledore sprach von einer Muggelreise. Ein Geist könnte eventuell Aufmerksamkeit auf sich ziehen.“
„Aber Severus“, unterbrach ihn Professor Dumbledore, „ich hatte gesagt, dass alle mitfahren werden und das meinte ich auch so. Ich bin sicher, es gibt einen Färbungszauber, der es Professor Binns ermöglichen wird, sich für unsere fünftägige Reise unter die Leute zu mischen. Könnten Sie das übernehmen, Filius?“
„Sicher, das ist kein Problem, Direktor“, sagte Professor Flitwick.
„Und wenn Sie dann einfach Ihre Beine so bewegen, als würden sie laufen, wird es niemandem auffallen, dass sie ein paar Zentimeter über dem Boden schweben“, fuhr Professor Dumbledore fort. „Wir werden nächste Woche aufbrechen. Bitte packen Sie alle rechtzeitig Ihre Koffer. Die genaue Reisetour ist eine Überraschung.“
Mit diesen Worten erhob sich Professor Dumbledore und verließ den Raum. Schlagartig brach Gemurmel aus. Die einen waren mürrisch über den Zwangsurlaub, die anderen freuten sich und rätselten über mögliche Routen durch Rom.

~ ~ ~

Der Tag der Abreise war gekommen. Die Lehrer trafen sich mit ihren Koffern in der Eingangshalle von Hogwarts. Professor Trelawney zupfte nervös an ihren vielen Schals und Tüchern. Professor Sprout versuchte sie zu beruhigen, dass alles gut verlaufen würde und wollte sie gleichzeitig dazu überreden, ihr Outfit an das südliche Klima anzupassen und ihre Schals zurückzulassen.
„Das gleiche gilt für Sie, Severus, Sie werden wahnsinnig schwitzen“, rief sie Professor Snape zu, der mit seinem üblichen schwarzen Umhang und einem kleinen Koffer in der Ecke stand und das Geschehen argwöhnisch beäugte.
Professor McGonagall zeigte Hagrid, der zum Befremden der meisten Umstehenden mit kurzer Hose und einem riesigen Sonnenhut bekleidet war, ihren neuen Muggel-Fotoapparat. Professor Binns, der nun nicht mehr durchsichtig-schimmernd war, sondern wie ein normaler Lebender aussah, hüpfte voller Vorfreude auf seinem Koffer hin und her.
Professor Flitwick erklärte ihm gerade, dass er trotz seiner neuen Farbe, immer noch durchlässig war und deshalb aufpassen sollte, dass er nicht vor den Augen der Muggel aus Versehen durch eine Wand lief.
Endlich erschien Professor Dumbledore, in Jeans und mit einem Hawaiihemd bekleidet, und erklärte den erstaunten Lehrern, dass sie nun zum Flughafen London Heathrow apparieren und von dort nach Rom fliegen würden. Ab dem Flughafen sei außerdem jegliches Zaubern verboten, schließlich wollten sie einen echten Muggelurlaub machen.
Alle waren aufgeregt, denn noch keiner von ihnen war jemals mit einem Flugzeug geflogen.

Tag 1 – Stadtführung

Am nächsten Vormittag versammelten sich alle zu einem Rundgang durch die Innenstadt von Rom. Ihr Weg führte sie zunächst zur Spanischen Treppe. Von dort aus lief die Reisegruppe über die Via Condotti, dann die Via del Corso entlang und bog dann nach links ab, zum Trevi-Brunnen. Obwohl dies erst der Anfang ihrer Stadtführung war, schien der Film in Professor McGonagalls Fotokamera schon voll zu sein. Während ihre Reiseleiterin über den Trevi-Brunnen sprach, beschwerte sich Professor McGonagall mitten unter den Touristen darüber, dass ihr niemand gesagt hatte, dass sie mit einem Muggel-Fotoapparat nur eine begrenzte Anzahl von Bildern machen konnte. Professor Sprout versuchte sie zu beruhigen, indem sie ihr versprach, nach dem Stadtrundgang einen Laden zu suchen, in dem man einen neuen Film kaufen konnte. Danach folgten sie den anderen Touristengruppen Richtung Westen. In dem ganzen Getümmel schlüpfte Professor Snape leise in eine kleine Seitenstraße, doch sein Fluchtversuch wurde von Professor Dumbledore bemerkt und vereitelt. Ab diesem Zeitpunkt ließ er seinen Tränkemeister nicht mehr aus den Augen.
Die Reisegruppe ging weiter ins Herz der Stadt zur Piazza della Rotonda und besichtigte hier das Pantheon, ein rundes Bauwerk, in dem früher alle Götter der römischen Welt verehrt wurden. Im Inneren begann Professor Binns, seinen Kolleginnen und Kollegen von einer Zauberwesenversammlung zu erzählen, die im 17.Jahrhundert im Pantheon stattgefunden hatte. Doch die Blicke der anderen Lehrer ließen ihn augenblicklich verstummen, denn einige Touristen waren schon auf das Wort „Zauber“ aufmerksam geworden und starrten zu ihnen hinüber. Die Gruppe lief nach der Besichtigung des Pantheons weiter durch die Innenstadt und gelangte schließlich zur Piazza Navona, wo sie über den Markt liefen und schließlich ihren Stadtrundgang für diesen Tag beendeten.

Tag 2 – Die alten Römer

Am nächsten Tag stand die Besichtigung des Colosseums auf dem Plan. Besonders Madam Hooch interessierte sich für dieses Bauwerk, da hier früher einmal die Quidditch-Weltmeisterschaft stattgefunden hatte, und Professor Flitwick erklärte ihr, wie schwer es gewesen sein musste, mitten in Rom für genügend Muggelabwehrzauber zu sorgen. Die beiden wollten gar nicht mehr aus dem Colosseum heraus, so begeistert waren sie von dieser Sehenswürdigkeit.
Anschließend liefen sie die Via dei Fori Imperiali entlang und dort besuchte die Reisegruppe das Forum Romanum am Fuße des Palatins, einer der sieben Hügel Roms. Dort spazierten sie durch die Ruinen der alten Bauwerke. Das, was noch vom Forum alten Römer erhalten war, gab ihnen einen guten Eindruck davon, wie es hier vor zweitausend Jahren ausgesehen haben musste. Leider war Hagrid einen Moment unaufmerksam und stieß gegen eine der Säulen, die dort noch einsam an einen früheren Tempel erinnerte und daraufhin gefährlich schwankte. Im letzten Moment, bevor sie umfiel, packte er sie und stellte sie wieder auf ihren Platz zurück. Zum Abschluss des Tages ging die Gruppe hinauf auf den Palatin, durch die Ruinen der Kaiserpaläste, und sah sich dann den Circus Maximus an, der genau auf der anderen Seite des Palatins liegt.

Tag 3 – Vatikan und Abreise

Am letzten Tag ihrer Reise, bevor sie am späten Nachmittag abreisen würden, besichtigten sie den Vatikan. Sie liefen über den Petersplatz und sahen sich das Castel San Angelo an, bis sie sich gegen Mittag in die Schlange der Touristen einreihten, um in die Sixtinische Kapelle zu gelangen. Von der Decke in der Sixtinischen Kapelle waren alle begeistert.
Nun fehlte nur noch eine Sehenswürdigkeit. Deshalb fuhr die Reisegruppe am Nachmittag die Via di Porta San Sebastiano Richtung Süden aus der Stadt heraus. Am Stadttor San Sebastiano begann die Straße ungemütlich zu werden. Denn hier führte die Via Appia Antica vom Stadtrand durch die italienische Landschaft. Diese Via Appia Antica sah heute noch genauso aus wie sie auch schon vor zweitausend Jahren ausgesehen hatte: gepflastert, mit riesigen Schlaglöchern. Wenige hundert Meter entfernt führt die Via Appia Nuova den normalen Verkehr aus der Stadt heraus, aber es war für jeden Touristen ein Erlebnis, diese alte Straße zu benutzen. So wurde das Lehrerkollegium richtig durchgeschüttelt, bis es an einer der vielen Katakomben angekommen war. Sie stiegen also dort in dunkle Gänge unter die Erde und liefen die sich mehrfach verzweigenden Wege entlang. Professor Sprout interessierte sich bei diesem Ausflug nicht für die unterirdischen Kammern und die Geschichte des Ortes, sondern untersuchte sehr genau die Beschaffenheit der Erde und nahm sich sogar eine Probe davon mit. Professor McGonagall schoss weiterhin Fotos. Allerdings wurde sie von einem weiteren Mitglied ihrer Reisegruppe darauf hingewiesen, dass sie wohl nichts auf den Fotos erkennen werden wird, wenn sie nicht den Blitz einschaltet.
Als sie schließlich wieder ans Tageslicht traten, fiel Professor Flitwick auf, dass Professor Trelawney bei der Gruppe fehlte. Sie musste sich in den Katakomben verlaufen haben. Da eine Suche zu lange gedauert hätte, weil sie ihren Flieger nach London erreichen mussten, machte Professor Dumbledore eine Ausnahme vom Zauberverbot und fand Professor Trelawney, die schluchzend in einer Ecke in einem unterirdischen Gang saß, mit Hilfe des Auffindezaubers. Keiner der Lehrer konnte sie trösten, sie war völlig verstört, weil sie während ihrer Besichtigung eine Zukunftsvision gehabt hatte und deshalb nicht richtig aufgepasst hatte und eine falsche Abzweigung genommen hatte.

Selbst zwei Stunden nach ihrer Rettung konnte sie sich nicht beruhigen und weinte auch am Flughafen noch.
„Hatten Sie das nicht vorausgesehen, Sybill?“, machte sich Professor McGonagall über sie lustig.
„Minerva, bitten lassen Sie das“, sagte Professor Dumbledore, aber seine Augen glitzerten und er konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.